Ein Ortsmuseum, meinte der Erlenbacher Gemeindepräsident vor Jahren, entspreche «keinem nachgewiesenen Bedürfnis». Es werde von der Gemeinde also «weder gefordert noch zwingend benötigt». Man kann auch anderer Meinung sein.
Man erinnert sich vielleicht: Im Juni 2015 beantragte der Verkehrs- und Verschönerungsverein Erlenbach (VVE) an der Gemeindeversammlung einen Sanierungs- und Betriebsbeitrag von 100’000 Franken für das Ortsmuseum Erlenbach, das in seinem derzeitigen Zustand kaum zu gebrauchen ist. Nachdem der Gemeindepräsident den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern versichert hatte, der Gemeinderat habe eigene Pläne für das Ortsmuseum und werde diese bald vorstellen, lehnte die Gemeindeversammlung den Antrag des VVE ab. Von den gemeinderätlichen Plänen hat man in den vergangenen fünf Jahren allerdings kaum mehr etwas gehört.
Das bedeutet allerdings nicht, dass es still geworden wäre ums Ortsmuseum. In zahlreichen Sitzungen des Gemeinderates und des VVE wurde heftig debattiert und gestritten, zwar nicht um Sinn und Zukunft des Ortsmuseums, sondern vielmehr um die Person der VVE-Präsidentin, um Fragen zum Schliesssystem und andere lächerliche Bagatellen. Kurz: Gestritten wurde nicht mit Sachargumenten, sondern mit persönlichen Anwürfen, mit Rechtsanwälten bis vor Miets- und Bezirks- und Verwaltungsgericht. (Kreise um den Gemeinderat inszenierten sogar einen – allerdings missglückten – Putschversuch, um die missliebige VVE-Präsidentin loszuwerden.)
Im Dezember 2019 zündete der Gemeinderat eine weitere Bombe: Er kündigte dem Ortsmuseum aus heiterem Himmel die Räumlichkeiten im Keller des Kirchgemeindehauses. Und dies notabene ohne jeden triftigen Grund, denn weder werden die Räume für anderweitige Zwecke dringend benötigt noch hat der Gemeinderat eine klare Vorstellung, wie es denn mit dem Ortsmuseum weitergehen könnte. Offiziell begründete der Gemeinderat seine Kündigung mit gewissen «Vorkommnissen»; der eigentliche Kündigungsgrund aber war einmal mehr die Person der missliebigen VVE-Präsidentin: «Eine weitere Zusammenarbeit mit dem VVE in der heutigen Vorstand-Besetzung kommt für ihn (den Gemeinderat) nicht in Frage», heisst es in einem vertraulichen Protokoll einer Besprechung zwischen Vertretern des Gemeinderates und des VVE.
Wie also könnte es nach diesem totalen Zerwürfnis weitergehen? Offensichtlich nur mit einem völligen Neuanfang.
Der Vorschlag:
Der Gemeinderat – oder besser noch ein externer Mediator – stellt eine Arbeitsgruppe zusammen, bestehend aus je einem Vertreter des Gemeinderates und des VVE, die beide bisher nicht direkt in den Konflikt involviert waren, dazu zwei, drei externe Fachleuten, etwa einem Historiker oder Volkskundler, einem Archivar und einem Ausstellungsmacher. (Frauen sind hier selbstverständlich mitgedacht).
Diese Arbeitsgruppe konsultiert wo nötig weitere Experten, holt sich Rat bei Leitern von funktionierenden Ortsmuseen und erarbeitet innerhalb eines Jahres ein Konzept oder mehrere Varianten für ein neues, lebendiges Ortsmuseum.
In öffentlichen Hearings stellt die Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse zur Diskussion.
Aufgrund dieser Hearings konkretisiert die Arbeitsgruppe ihr Konzept, macht Vorschläge zur Organisation, zur Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und VVE und zur Raumfrage. Und sie erstellt einen groben Kostenrahmen.
Der Gemeinderat unterbreitet das Konzept der Arbeitsgruppe (mit oder ohne Gegenvorschlag) der Gemeindeversammlung.
Christian Rentsch
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