Leere Worthülsen, unterdrückte Fragen

So, nun haben wir alle Wahl-Flyer bekommen. Daraus dürfen wir entnehmen, dass sich drei der wieder kandidierenden Gemeinderäte – Martin Dippon, Peter Keller und Sascha Patak – in den nächsten vier Jahren weiterhin für das «Wohl der Bevölkerung» sowie eine «attraktive und lebenswerte Gemeinde» einsetzen wollen, um «unser schönes Dorf gemeinsam weiterzubringen». Alles in Butter also.

Einzig der vierte im Bunde – Philippe Zehnder – stellt «wachsende Kritik und ein leises Unbehagen gegenüber dem Gemeinderat» fest. Was kritisiert wird, oder was Unbehagen bereiten soll, nennt Zehnder allerdings mit keinem Wort. Doch das «Rezept» dagegen kennt er: Der amtierende Gemeindepräsident sei einfach durch seine eigene Person zu ersetzen. Auf dass weiterhin alles in Butter sei.

Wir hätten da noch ein paar Fragen …

Nun versteht man, weshalb anlässlich der vom Gemeinderat gesponserten Kandidatenvorstellung vom 6. April einzig minderjährige Schulkinder den Kandidaten auf der Bühne Fragen stellen durften, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hingegen nicht: pure Angst, es hätten ja Fragen kommen können, wie:

  • Wie es dazu kommen konnte, dass gleich hinter den mittelalterlichen, inventarisierten Häusern an der Dorfstrasse nun ein übermächtiger Wohnblock hervorlugt?
  • Weshalb mitten im ehemals so beschaulichen, grünen Sigst-Quartier der schöne Pflanzgarten der alten Gärtnerei Schuh zu einer trostlosen, abgegrabenen Kiesfläche wurde?
  • Weshalb auch vierzig Jahre nach dem Kauf der historischen «Weinhandlung Diener» das Gebäude weiterhin dem Verfall überlassen wurde, dies, obwohl es vom Kanton Zürich ins Inventar der überkommunalen Schutzobjekte aufgenommen wurde?
  • Ist sich der Gemeinderat denn nicht bewusst, dass, sollte das Haus einstürzen, die Gemeinde Erlenbach es wieder analog des Originals rekonstruieren müsste, wie dies vor sechs Jahren beim Haus «Fröschegrueb» in Regensdorf geschehen ist? Dies würde im Übrigen ein Mehrfaches der veranschlagten 5.3 Mio. für die Sanierung kosten, welche letztes Jahr bewilligt wurden. Also Kandidaten, die mit dem Schlagwort „nachhaltiger Umgang mit den Gemeindefinanzen“ operieren, aufgepasst.

Dies sind nur Fragen einer Architektin. Leute mit anderen Berufen hatten am 6. April sicher noch vielfältige andere Fragen vorbereitet.

Erlenbach, 20. April 2020 // Christiane Brasseur