Erlenbach will sein Informationskonzept erweitern
Schöner kommunizieren
Was immer an Erlenbach einzigartig ist – die Informationspolitik der Gemeinde ist es jedenfalls nicht. Jetzt will der Gemeinderat seine Kommunikation «weiterentwickeln». Das Kernproblem, die gemeinderätliche Lufthoheit gegenüber der Bevölkerung, löst er damit allerdings nicht.
Dass die Informationspolitik der Gemeinde wie auch die Kommunikation zwischen dem Gemeinderat und der politisch interessierten Bevölkerung zu wünschen übrig lässt, wird seit Jahren kritisiert. Über viele Projekte des Gemeinderates wird eher gemunkelt als informiert, und wenn dann schliesslich informiert wird, dann oft so undeutlich, dass gleich wieder von Neuem gemunkelt wird.
Schon vor einer Weile machte der Gemeinderat deshalb, was Behörden meist machen, wenn sie kritisiert werden: Sie lassen eine Umfrage machen, die zumindest bei gutwilliger Interpretation bestätigt, dass es doch nicht so schlimm steht wie befürchtet, aber immerhin Verbesserungspotenzial bestehe. Genau das las auch der Erlenbacher Gemeinderat aus der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts LINK, wie seine wohlwollende Zusammenfassung im Dorfbott vor einigen Wochen zeigte. (Auch wenn man die Ergebnisse durchaus auch anders, kritischer lesen könnte.)
Marketing-Sprech
Aufgrund dieser Umfrage machte der Gemeinderat das, was Behörden meist machen, wenn Verbesserungsbedarf ansteht: Er stellte eine Kommunikationsagentur an, die ein Konzept zur «Weiterentwicklung der Kommunikation» entwarf. Mit dem neuen Konzept will der Gemeinderat
- den gesetzlichen Auftrag auch in Zukunft optimal erfüllen
- relevante Informationen an möglichst viele Bürgerinnen und Bürger bringen
- die Transparenz der behördlichen Arbeit erhöhen
- die politische Meinungsbildung und Partizipation unterstützen, und
- die Kommunikation inhaltlich und kanalseitig möglichst empfängergerecht gestalten.
Das liest sich so schön und allgemein und unverbindlich, wie das meiste, was dipl. Polit-Marketingberater derzeit an Schlagworten und leeren Floskeln so auf Lager haben.
dorfbott.ch – ein «Informations-Hub»
So soll die bisherige vierteljährlich erscheinende Printausgabe des Dorfbotts neu um eine aktuell geführte Webseite «dorfbott.ch» ergänzt und so zu einem «Informations-Hub» erweitert werden. Dieser «Hub», was immer das ist, soll unter anderem als Forum für relevante Themen dienen. So sollen etwa Themen der Printausgabe und andere Informationen erweitert oder diskutiert werden können; auch «eine Interaktion ist möglich.»
Jetzt, nach der «Erarbeitung des Inhaltskonzept», hat der Gemeinderat die Kommunikationsagentur Farner Consulting beauftragt, das Projekt weiter zu bearbeiten. Die Umsetzung erfolge dann, heisst es in der Mitteilung, durch den neuen Gemeinderat. Warum der alte Gemeinderat mit der Auftragsvergabe nicht ein paar Wochen zuwarten kann, damit der neue Gemeinderat selber entscheiden kann, wie er weiter vorgehen will, bleibt allerdings intransparent. Vielleicht ist die Information ja auch nicht «kanalseitig empfängergerecht» …
Ein fast komplettes Informationsmonopol
Das Kernproblem der gemeinderätlichen Informations- und Kommunikationspolitik, das lässt sich zumindest jetzt schon sagen, wird mit diesem neuen Konzept keineswegs gelöst, nämlich dass Gemeinderat und Verwaltung mit der Webseite erlenbach.ch, den Mittteilungen, den diversen Newsletters, dem Dorfbott und der Webseite dorfbott.ch praktisch die Lufthoheit über die Information haben. Dieses fast komplette Informationsmonopol wird mit dem neuen Konzept nicht abgebaut, sondern gar noch verstärkt. Relevante Themen sollen – so verräterisch ist die Sprache – diskutiert werden können, Interaktion soll möglich sein – in jenem Rahmen, den der Gemeinderat vorgibt, also im Rahmen dessen, was ihm grad so passt.
Für diese Arbeit soll dem Vernehmen nach eine neue Stelle in der Verwaltung geschaffen werden. Sinn und Aufgabe solcher «Medienstellen» ist letztlich, nicht besser, sondern in erster Linie schöner zu kommunizieren, also dürftige Informationen rhetorisch aufzuhübschen, und Schwachstellen zu verwedeln und Angreifbares weiträumig zu umschiffen. Sie ersetzen aber nicht ein von den Behörden unabhängiges Diskussionsforum, in dem alle Erlenbacher Bewohnerinnen und Bewohner sich frei zu allem äussern, über alles miteinander diskutieren können, was ihnen auf den Nägeln brennt.
Christian Rentsch
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