Ein dubioser Pächter der Wyden-Badi?

Gemunkelt wird in Erlenbach schon seit Monaten und viele, auch die Behörden, wissen seit längerem sogar genau Bescheid. Jetzt hat es die Online-Zeitung «Republik» öffentlich gemacht: Nach dem Pächter der Erlenbacher Wyden-Badi wird in den USA gefahndet wegen Geldwäscherei in Millionenhöhe und anderen happigen Delikten.

Man muss kein Meisterdetektiv sein, einfaches Googeln genügt. Wer den Namen des neuen Pächters der Erlenbacher Wyden-Badi eingibt, wird schon beim dritten Eintrag fündig: Urs Meisterhans, schrieb die Aargauer Zeitung, müsse sich in der Schweiz laut Bundesanwaltschaft «wegen qualifizierter Geldwäscherei, Urkundenfälschung sowie betrügerischen Konkurses und Pfändungsbetrugs verantworten».

Vier Einträge weiter unten findet man die Mitteilung einer New Yorker Staatsanwaltschaft, Meisterhans werde international gesucht als mutmassliches Mitglied einer zehnköpfigen Bande von Finanzbetrügern, die gutgläubige Investoren mittels Urkundenfälschung, gefälschter Identität, Überweisungsbetrug, Geldwäsche und weiteren Delikten um Millionen geprellt hätten. Inzwischen, so die Mitteilung der New Yorker Staatsanwälte, seien neun Bandenmitglieder verhaftet und an die USA ausgeliefert worden; einzig der Schweizer Urs Meisterhans sei noch auf freiem Fuss. Er habe sich durch Flucht in die Schweiz einer Verhaftung und Auslieferung entzogen.

«US-Verfahren hat uns nicht zu interessieren»

Wer sich ob diesem imposanten Register an Straftatbeständen wunderte und die Gemeindeverwaltung anfragte, wie Meisterhans zu seinem Job gekommen sei, konnte sich gleich ein zweites Mal wundern. Gemeindeschreiber Daniel Keibach antwortete auf eine Anfrage, die zuständige Liegenschaftenkommission habe im Frühling die Bewerbung eingehend(!) geprüft; Meisterhans sei in der Schweiz nicht straffällig geworden, ein Strafregisterauszug habe nichts Nachteiliges erbracht; im übrigen gelte die Unschuldsvermutung. Und – auch das: «Was in den USA läuft, hat uns nicht zu interessieren.» (Das ist auch die Position des neuen Gemeindepräsidenten und des neuen Liegenschaftenvorstandes.)

Das stimmt so allerdings nicht ganz: Gegen Meisterhans liefen und laufen auch in der Schweiz Verfahren, er ist unter anderem wegen qualifizierter Geldwäscherei, mehrfacher Urkundenfälschung und betrügerischem Konkurs angeklagt und verurteilt worden. Diese Urteile sind bloss deshalb noch nicht rechtskräftig, weil Meisterhans die Verfahren durch Einsprachen bisher immer wieder hat verzögern können.

Die Liegenschaftenkommission ist kein Gericht

Wichtiger aber ist die Argumentation des Gemeindeschreibers, es gelte die Unschuldsvermutung und die Verfahren in den USA würden die Liegenschaftenkommission nichts angehen. Diese Argumentation ist reichlich naiv und schon fast fahrlässig fadenscheinig, denn: Die Liegenschaftenkommission ist kein Gericht. Sie hat nicht zu beurteilen, ob  ein Bewerber schuldig ist oder nicht. Sie hat «bloss» die Bewerbung zu begutachten.  Zu einer «eingehenden» Prüfung gehört im heutigen Geschäftsleben selbstverständlich auch, dass man eine Bewerberin, einen Bewerber routinemässig googelt.

Neben dem Strafregisterauszug und der Unschuldsvermutung spielen bei einer «eingehenden» Prüfung zahlreiche andere Aspekte eine Rolle. Wer – egal ob in der Schweiz oder in anderen Ländern – in mehreren (!) voneinander unabhängigen Verfahren von offiziellen Stellen verdächtigt wird, in schwere kriminelle Machenschaften verwickelt zu sein,  dessen Ruf ist bei aller Unschuldsvermutung einfach nicht mehr lupenrein. Und auch wenn im Strafregisterauszug nichts vermerkt ist – wen die Finanzmarktaufsicht (Finma) mit einem Berufsverbot belegt und seine  Firma (Sinitus) zwangsweise liquidieren lässt, ist kaum ein besonders  vertrauenserweckender Kandidat. (Kleiner Selbsttest: Urs Meisterhans bewirbt sich als neuer Mieter für eine Ihrer Wohnungen; wie würden Sie entscheiden?) Es müssten also schon bisher unbekannte sehr gewichtige Argumente vorliegen, um einem solchen Bewerber trotz allem den Zuschlag zu geben.  Schon gar nicht aber ist es Aufgabe der Kommission, die Bewerber gegen (durchaus berechtigtes) Gemunkel in Schutz zu nehmen und allfällige negative Eindrücke zu widerlegen.

Wie weiter?

Der Fall Meisterhans ist neben der missglückten Erweiterung des Restaurant-Betriebs in der Winkel-Badi und der zweijährigen Verspätung der Pachtvergabe für das Bistro an der Schifflände eine dritte unangenehme «Hinterlassenschaft» der vorigen Liegenschaftenkommission, mit der sich die neue Kommission nun wird beschäftigen müssen.  Eine rechtlich vermutlich ziemlich vertrackte Situation, zumal der Pachtvertrag mit Urs Meisterhans dem Vernehmen nach auf zwei Jahre abgeschlossen worden ist.

Christian Rentsch