Wie es zur zweijährigen Verzögerung kam

Zu den unschönen «Hinterlassenschaften» der früheren Liegenschaftenkommission gehört auch die zweijährige Verzögerung eines  Bistrobetriebs an der Erlenbacher Schifflände. Nach zwei Jahren Versteckspiel und Geheimniskrämerei legt der Gemeinderat jetzt die Karten auf den Tisch.

Man erinnert sich: Vor drei Jahren betrieb der Fischerstübli-Wirt Jérémie Crettol mit provisorischer Genehmigung der damaligen Liegenschaftenkommission im ehemaligen Schiffwartehäuschen während der Sommersaison ein kleines Bistro, das schnell zu einem beliebten Treffpunkt der Erlenbacherinnen und Erlenbacher wurde. Die durchweg positive Resonanz – auch der Anwohnerschaft – bewog die Liegenschaftenkommission, die Pacht des Bistros auf Dauer auszuschreiben.

Zu den sieben Bewerbern gehörte auch Jérémie Crettol. Eine plausible Lösung, denn mit der bereits vorhandenen Infrastruktur des nahe gelegenen Fischstüblis hätte er den Bistrobetrieb ohne grösseren finanziellen Mehraufwand weiter führen können. Ein Vorteil, den kein auswärtiger Bewerber bieten konnte. Wider Erwarten entschied sich die Liegenschaftenkommission aber für den Zürcher Gastro-Newcomer Danilo Lettieri, einen Betriebsassistenten des Zürcher Imbiss-Restaurants Wurst und Moritz.

Eine Petition mit rund 800 Unterschriften zugunsten von Crettol wurde vom Gemeinderat unter anderem mit dem formalen Argument abgeschmettert, die Petition sei  an den Gemeinderat adressiert gewesen, zuständig sei aber – ätsch! – allein und ausschliesslich die Liegenschaftenkommission. Auch ein Rekurs von Crettol, der Einsicht in das Auswahlverfahren verlangte, wurde abgeschmettert (und vom Verwaltungsgericht gestützt). Man spielte mit juristischen Mitteln Geheimniskrämerei. Später verstieg sich der damalige Liegenschaftenvorstand Peter Keller gar zur Behauptung, die Petition sei «mitschuldig» gewesen an der Verzögerung.

Eine Nachfrage von Forum Erlenbach, diesen Vorwurf doch bitte zu erläutern, liess Keller unbeantwortet. Und der Gemeindescheiber Daniel Keibach schrieb auf eine erneute Nachfrage: «Wenn Peter Keller eine Aussage an Sie richtet (gemeint war offenbar der Vorwurf einer Mitschuld), dann steht es mir nicht zu, diese zu kommentieren.»

Inzwischen weht dank dem neuen Gemeinderat ein etwas frischerer Wind im Erlenbacher Gemeindehaus; der neue Gemeindepräsident Philippe Zehnder will, wie er es vor den Wahlen versprochen hat, dass die Behörden offener und transparenter informieren als früher. Auch der Gemeindeschreiber Keibach war jetzt plötzlich bereit, Auskunft zu geben.

Wie also kam es zu der Verzögerung?

Ein unter anderem von Anwohnern eingereichter Rekurs gegen die Pachtvergabe an Danilo Lettieri sorgte dafür, dass dieser sein Betriebskonzept zwischenzeitlich sistierte. Als der Bezirksrat den Rekurs im Februar 2021 abwies, war die Zeit dann zu knapp, um das Bistro im vergangenen Sommer zu eröffnen.

Im Oktober 2021 reichte der Architekt von Lettieri beim Bauamt ein umfangreiches Baugesuch für die Umnutzung des Schiffswartehäuschen ein. Aufgrund einer erneuten Einsprache sowohl gegen das Baugesuch wie gegen die Konzessionserteilung durch den Kanton sistierte das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) das ganze Verfahren im Juni dieses Jahres und verlangte Präzisierungen zum Betriebskonzept, zur Anlieferung, Entsorgung und zu den konkreten Betriebsabläufen. (Was im Brief des Gemeindeschreibers allerdings nicht steht: Bei den Beanstandungen des AWEL ging es nicht bloss um «Präzisierungen»; einige Elemente des Baugesuchs waren schlichtweg konzessionswidrig.)

Damit war klar, dass das Bistro auch im Sommer dieses Jahres nicht in Betrieb gehen konnte. Danilo Lettieri wird der Baukommission nun ein «präzisiertes» – und das heisst auch: redimensioniertes – Baugesuch und Betriebskonzept vorlegen müssen.  Denn neben den logistischen Problemen geht es vor allem auch darum, dass der Restaurationsbetrieb den Zugang zum Schiffsteg und den Anlegestellen  für Motorboote nicht behindern darf. «Im Best Case», schreibt Gemeindeschreiber Keibach, «wird die Eröffnung bzw. der Betrieb erst 2023 möglich sein.» Was nichts anderes heisst als: Im «Worst Case» könnte sich die Eröffnung des Bistros noch um ein weiteres Jahr verzögern.

Alle diese leicht vorhersehbaren Probleme hätte sich die Liegenschaftenkommission bei einer Pachtvergabe an Jérémie Crettol ersparen können, da dieser das Bistro ohne umfangreiche Bau- und Konzessionsgesuche und ohne  grossen Mehraufwand von seinem Fischerstübli aus hätte bewirtschaften können. Unverständlich bleibt bis heute, warum sich diese weiss Gott nicht weltbewegende Lokalposse nicht ohne Geheimniskrämerei, undurchsichtige Tricksereien und  ohne (kostspielige) juristische Winkelzüge hätte erledigen lassen.

Klar ist: Die Pachtvergabe an Lettieri war ein offensichtlicher Fehlentscheid.  Dem neuen Liegenschaftenvorstand Ludwig Näf bleibt nun die undankbare Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Erlenbacherinnen und Erlenbacher wenigstens ab dem kommenden Jahr in einem unprätentiösen Bistro an der Schifflände die Sonnenuntergänge geniessen können.

Christian Rentsch