Das Alterszentrum Gehren bekommt eine neue Leitung

Die umstrittene Leiterin des Erlenbacher Alterszentrums Gehren Daniela Gundermann ist, wohlwollend formuliert, zurückgetreten. Bis eine neue Leitung gefunden worden ist, wird das Altersheim interimistisch vom Regionalleiter der Senevita geführt. Das teilte der Erlenbacher Gemeinderat gestern (7. September) mit.

Die weit herum  bekannten Missstände im Herrliberger Altersheim Im Rebberg, das ebenso wie noch ein drittes Altersheim in Zürich (Senevita Vivimus) von Daniela Gundermann geleitet wird, haben im Juli zu einer unmissverständlich kritischen Anfrage von Regula Baggenstos und rund 140 Mitunterzeichnerinnen und -unterzeichnern an den Herrliberger Gemeinderat geführt. Kritisiert wurde allerdings nicht bloss die «Gefühlskälte und Willkür» der Betriebsleiterin, sondern vor allem auch, dass das rigide Sparregime der privaten Betreiberfirma  Senevita zu einer schlechten Pflege und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohnern, zu Stress und Überforderung der Angestellten, zu Fehlern und Pannen führe.

An der Gemeindeversammlung vom 29. Juli stellten sich sowohl der zuständige Gemeinderat wie der Senevita-Regionalleiter Kurt Wodiczka taub; man habe noch nie etwas von allfälligen Missständen gehört und stelle sich «zu 100 Prozent» hinter die umstrittene Heimleiterin. Eine lange Liste von Beschwerden, Klagen, Reklamationen und Vorwürfen von Heim-Bewohnerinnen und -Bewohnern, von Angehörigen und ehemaligen Angestellten bewogen den Herrliberger Gemeinderat schliesslich aber doch, aktiv zu werden. Im August einigte er sich mit der Senevita darauf, bis Ende des Jahres eine neue Heimleiterin zu suchen und deren Pensum auf 100 Prozent aufzustocken.

Erlenbach macht es besser

Der neu gewählte Erlenbache Gemeinderat ist offensichtlich gewillt, es besser als die Herrliberger Kollegen zu machen. Er kam, noch bevor Anfragen aus der Bevölkerung ihn dazu drängten, mit der Senevita überein, die umstrittene Heimleiterin sofort abzulösen. Es soll ein neuer Leiter oder eine neue Leiterin mit einem aufgestockten Pensum gesucht werden.

Und, so heisst es in der Mitteilung des Gemeinderates, die zuständigen Behördemitglieder wollen sich «aktiv in die Zukunftsgestaltung des Alterszentrums einbringen und von seinem Mitspracherecht bei der Bestimmung der Heimleitung Gebrauch machen. Dabei sollen insbesondere die Bedürfnisse der Bewohnenden, ihrer Angehörigen, der Mitarbeitenden und der Erlenbacher Bevölkerung berücksichtigt werden.»

Eine fragwürdige Interimslösung

Das klingt gut. Allerdings: Damit ist zwar das Problem Heimleitung auf gutem Weg, gelöst zu werden, auch wenn man sich fragen darf, ob der interimistische Heimleiter, der Senevita-Regionalleiter  Kurt Wodizcka, der noch zahlreiche andere Aufgaben hat, mehr als ein, zwei Halbtage Zeit hat, um wenigstens die dringlichsten Probleme anzupacken und sich ernsthaft um die Bewohnerinnen und Bewohner des Altersheims zu kümmern. Und ob jemand das verlorene Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückgewinnen kann, der auf die Kritik noch vor zwei Monaten die «hohe Pflegequalität» rühmte und meinte, er nehme «die Vorwürfe als eine Kampagne gegen Gundermann wahr, die auf der persönlichen statt auf der sachlichen Ebene geführt werde.»

Ist Senevita der richtige «Partner»?

Aber: Letztlich ist der «Fall Gundermann» bloss ein – gewiss wichtiger – Nebenaspekt. Die weitaus wichtigere Frage ist, ob Senevita das passende Unternehmen ist für die Leitung der Altersheime Im Rebberg und Gehren. Denn: In zahlreichen Gemeinden, in denen Senevita Alters- und Pflegeheime führt, hagelt es Kritik. Das Unternehmen, das seit 2014 zum grössten europäischen und knallhart profitorientierten  Pflegekonzern Orpea gehört, sei weit mehr an Profiten interessiert als am Wohlergehen ihrer Heimbewohnerinnen und Bewohnern.

Ob eine neue Leistungsvereinbarung und strengere Kontrollen der Betriebsführung zu einer besseren Pflege, einer einfühlsameren Betreuung und – vor allem – zu einem besseres Betriebsklima führt, ist fraglich. Sollten aber die  Gemeinderäte von Herrliberg und Erlenbach zum Schluss kommen, dass etwa ein Zweckverband «Altersheime am Zürichsee» oder eine Umwandlung in eine gemeinnützige AG eine bessere Lösung sein könnte, würden sie aber vor die schwierige Aufgabe gestellt, wie man sich aus den Fängen der Profitfirma Senevita befreien können. Juristisch und vielleicht auch finanziell dürften die Hindernisse immens zu sein.

Christian Rentsch

In eigener Sache

Im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Betriebsleitung der Altersheime Im Rebberg Herrliberg und Gehren Erlenbach kritisierten einige Herrliberger und Erlenbacher Einwohnerinnen und Einwohner, dass die Betriebsleiterin Daniela Gundermann im Forum Erlenbach namentlich erwähnt wird.

Selbstverständlich respektieren auch wir den Schutz der Privat- und Intimsphäre von Personen, wie es der Schweizer Presserat in seinen Richtlinien von Journalistinnen und Journalisten verlangt. Bloss: Die Betriebsleitung der beiden Altersheime ist keine Privatangelegenheit von Daniela Gundermann.

Frau Gundermann wurde in ihrer Funktion als Betriebsleiterin in den vergangenen Jahren sowohl in offiziellen Mitteilungen der beiden Gemeinderäte wie in der Zürichsee-Zeitung, im «Küsnachter» und im Erlenbacher «Dorfbott» immer wieder namentlich genannt. Wer immer auch als Bewohner, als Angehörige oder am Herrliberger und Erlenbacher Dorfleben Interessierter mit den Altersheimen zu tun hatte, kannte ihren Namen. Erst recht, als die Missstände zu einer Anfrage von Regula Baggenstos und 140 Mitunterzeichern an den Herrliberger Gemeinderat führten und an der Gemeindeversammlung debattiert wurden. Sowohl der Herrliberger Gemeinderat und der Senevita-Regionalleiter wie auch die Zürichsee-Zeitung erwähnten Frau Gundermann zu Recht namentlich; sie war bis zu ihrer Kündigung wie Alain Berset oder Pierin Vincenz eine öffentliche Person, die in ihrer Funktion selbstverständlich auch namentlich kritisiert werden darf. Die Herrliberger und Erlenbacher Bevölkerung hat ein Recht darauf zu wissen, was sie eh schon weiss.

Christian Rentsch