Die Initiative fordert eine massvolle Überbauung beim Bahnhof, den Erhalt von Grünflächen und bezahlbaren Wohnraum im «Sigst»

Von Christiane Brasseur, Verfasserin der Einzelinitiative, die weitergeht, als diejenige von Hansueli Zürcher

Eine weitergehende Initiative als die Initiative Zürcher war unumgänglich

Visualisierung mit zwei 50 m langen 3-geschossigen Gebäuden, welche den gemäss Gestaltungsplan vorgeschriebenem Minimalabstand von 8 m aufweisen. Zum Vergleich: Das bestehende SBB-Aufnahmegebäude weist eine Höhe von 9.30 m auf; demgegenüber weist die Terrasse vor der zurückversetzten Attika die von 14.70 m um ein Geschoss herabgesetzte Höhe von 11.70 m auf.

Die Visualisierung zeigt eindrücklich, was auf dem SBB-Areal auch bei Annahme der Initiative Zürcher noch hätte entstehen können. Der Gestaltungsplan Bahnhofstrasse erlaubt dort nämlich nicht nur eine leicht grössere Gebäudehöhe (14.70 m statt 14.00 m), sondern auch eine massiv grössere Gebäudelänge (unbeschränkt statt 40 m), eine ebenso massiv grössere Ausnützung (110% statt 70%) sowie einen massiv herabgesetzten Gebäudeabstand (8 m statt 14 m). Wie die Visualisierung zeigt, erlaubt diese massive Herabsetzung es nicht mehr, zwischen den Gebäuden durchzusehen. Statt mit einem 90 m langen Koloss würden die obenliegenden Quartiere also mit einem gefühlt 108 m langen Ungetüm konfrontiert! Dass dieses nun ein Geschoss weniger aufweisen würde, würde die Sache auch nicht erträglicher gestalten.

Eine vollständige Aufhebung des Gestaltungsplans mit all seinen schädlichen Bestimmungen war und ist also unbedingt angesagt.

Ersatzforderungen der SBB an die Gemeinde sind nicht zu erwarten

Der Bezirksrat hat am 23. Januar 2023 die Initiative Brasseur für gültig erklärt und im entsprechenden Beschluss festgehalten, dass die SBB keine ernsthaften Bestrebungen in Hinblick auf eine Bautätigkeit vorgenommen habe. In diesem Licht ist die Behauptung des Gemeinderats im Beleuchtenden Bericht zur Gemeindeversammlung, wonach «Ersatzforderungen der SBB an die Gemeinde […] nicht ausgeschlossen» werden können, eine unbewiesene Behauptung. Die Rechnungsprüfungskommission der Gemeinde Erlenbach (RPK) hat denn auch in ihrem Bericht festgehalten, dass dieses Geschäft (Aufhebung Gestaltungsplan und Einzelinitiative) keine finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde Erlenbach hat, weshalb sie darauf verzichtete, eine Stellungnahme abzugeben. Damit kann getrost davon ausgegangen werden, dass eine Annahme der Einzelinitiative die Gemeinde Erlenbach kein Geld kosten wird.

Der Gestaltungsplan verhindert eine bauliche Verdichtung im Gebiet «Sigst»

Der VVE, der Verkehrs- und Verschönerungsverein Erlenbach hat zwei Visualisierungen erstellt, welche die unterschiedlichen Auswirkungen des Gestaltungsplans auf die Bereiche um den Bahnhof und auf das angrenzende «Sigst»-Quartier aufzeigen. Zudem wird dort aufgezeigt, wie sich die beiden Bereiche bei Gutheissung der Initiative beispielsweise entwickeln könnten. Sie finden die Visualisierungen unter www.vve-erlenbach.ch

Bei einer Annahme der Initiative gilt die sogenannte «negative Voranwendung»

Bei einer Annahme der Initiative wird per sofort weder der Gestaltungsplan aufgehoben, noch die früheren Bestimmungen gemäss Bau- und Zonenordnung 1995, was die Initiative fordert, wieder in Kraft gesetzt. Für beide Regelwerke würde allerdings die «negative Voranwendung» gelten. Das heisst, von zwei sich widersprechenden Bestimmungen gilt immer diejenige, welche weniger erlaubt. Nachdem der Gestaltungsplan fast nur Erleichterungen vorsieht, würden de facto wieder die Bestimmungen aus dem Jahr 1995 gelten. Dies bis zu dem Zeitpunkt, da der Gemeinderat Erlenbach einen neuen Vorschlag der Gemeindeversammlung unterbreitet, wie Bahnhof und Sigst überbaut werden sollen.

Christiane Brasseur, 7. Juni 2023