In der Debatte um den Seerettungsdienst Küsnacht-Erlenbach macht der Erlenbacher Gemeinderat derzeit einiges ziemlich falsch.

Für den Erlenbacher Gemeindepräsident Philippe Zehnder ist offenbar alles paletti und in bester Ordnung: Ab dem 1. Oktober 2024, heisst es auf der Webseite der Gemeinde, hat der Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg die Seerettung auf dem Gebiet der Gemeinde Erlenbach übernommen; im Januar 2025 soll Erlenbach dann vollwertiges Mitglied im SRD-Verbund Horgen werden.

Mehr gibt es dazu nach Meinung von Philippe Zehnder nicht zu sagen. Den über 530 Erlenbacherinnen und Erlenbacher, die sich in einer Petition für  eine weitere Zusammenarbeit mit dem Seerettungsdienst Küsnacht einsetzen, beschied er knapp und kaltschnäuzig: «Der Gemeinderat hat sich über den Seerettungsdienst beraten. Das Thema wird vorderhand nicht mehr traktandiert.» Da könnte er sich aber täuschen; das Aufräumen des angerichteten Scherbenhaufens wird ihn vermutlich noch eine ganze Weile beschäftigen.

Zahlreiche Widersprüche

Man erinnert sich: Vor einem Jahr hat der Gemeinderat den Vertrag mit Küsnacht über den gemeinsamen Seerettungsdienst auf den 1. Oktober dieses Jahres gekündigt. Und das – entgegen dem neuen Kommunikationskonzept – klammheimlich, also ohne die Erlenbacher Bevölkerung zu informieren.

Ein Jahr lang haben Erlenbach und Küsnacht offenbar erfolglos über eine weitere  Zusammenarbeit verhandelt. Erstaunlicherweise gibt es über diese Verhandlungen, so die Erlenbacher Gemeindeschreiberin Adrienne Suvada gegenüber Forum Erlenbach, kein einziges Protokoll, also nichts folglich auch keine verbindlichen Abmachungen. (Dass der Küsnachter Gemeinderat Durisch explizit auf ein Verhandlungsprotokoll verweist, macht immerhin etwas stutzig…)

Es geht um einige zehntausend  Franken  – nicht mehr

Erst jetzt, im Nachhinein, sind einige Details über die Verhandlungen bekannt geworden. Allerdings gehen die Versionen von Zehnder und Claudio Durisch, dem für den Seerettungsdienst zuständigen Küsnachter Gemeinderat, ziemlich auseinander. Laut Zehnder hätte sich der Betriebsbeitrag von Erlenbach wegen der Sanierung des Küsnachter Seerettungsgebäudes «sprunghaft» um rund 32’000 Franken erhöht. Durisch (hier seine Argumente) widerspricht: Aufgrund eines neuen Verteilschlüssels zwischen den beiden Gemeinden hätte Erlenbach trotz dem Beitrag an die Sanierung des Bootshauses unter dem Strich sogar etwas weniger bezahlen müssen als bisher. Aber selbst wenn Zehnders Version zutreffen sollte – der «sprunghafte» Anstieg hätte die reichste Gemeinde des Kantons, die Jahr für Jahr mehrere Millionen mehr Steuern einnimmt als budgetiert, vermutlich nicht in den Ruin getrieben.

Auch die Klage von Philippe Zehnder, Küsnacht habe Erlenbach zu wenig Mitbestimmung zugestanden, weisst Durisch klar zurück. Küsnacht habe Erlenbach die gleichen Mitbestimmungsrechte angeboten, wie sie für alle gemeinsamen Unternehmen, etwa den Zivilschutz oder für das Seewasserklärwerk, gelten.

Klar ist vorderhand nur: Es kann nur eine der beiden unterschiedlichen Versionen richtig sein.

Der Verbund mit Küsnacht ist eindeutig besser

Dazu kommen einige objektive Gründe, die unmissverständlich für eine weitere Zusammenarbeit mit Küsnacht sprechen: Die Küsnachter verfügen für zwei Gemeinden über mehr Seeretterinnen und -retter als Horgen für künftig fünf Gemeinden. Und: Küsnacht hat im Gegensatz zu Horgen eine Taucherequipe. Und schliesslich: Die Küsnachter sind selbstverständlich sehr viel schneller jeweils am Einsatzort als die Horgener – bei 80 bis 100 Einsätzen pro Jahr kann das in etlichen Fällen entscheidend sein.

Kurz, knapp und klar: Ausgestanden ist diese Sache noch lange nicht. Der Erlenbacher Gemeindepräsident muss jetzt, wo die ganze Geschichte durch eine Indiskretion öffentlich geworden ist, nicht nur glaubwürdig belegen, dass seine Version stimmt, sondern auch aufzeigen, dass seine Argumente für die Kümdigung stichhaltg sind. Das hat er zwar, wenn auch bloss in einer privaten E-Mail, versprochen: «Es versteht sich von selbst, dass der Gemeinderat seinen Entscheid nachvollziehbar begründen wird.» Man darf vermuten, dass sich die über 530 Petitionäre, ja die ganze Erlenbacher Bevölkerung nicht mit schwurbeligen Erklärungen zufrieden geben werden. Der Erlenbacher Gemeindepräsident Philippe Zehnder wird, wenn er nicht seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen will, für jedermann «nachvollziehbar» erklären müssen , wie es zu diesem Fehlentscheid gekommen ist.

Christian Rentsch